Bevor sich jemand wundert oder gar aufregt, möchte ich klarstellen, dass ich mich keinesfalls entschlossen habe, ein Jahr bei den australischen Ureinwohnern zu verbringen. Genauso wenig reizvoll erschien es mir, für eine Weile mit afrikanischen Nomaden umherzuziehen. Lieber wollte ich in Europa bleiben, in den Süden gehen. Mit einem abgeschlossenen Sprachstudium, Arbeit , sozialen Kontakten versehen, also nicht blauäugig, wurden die Koffer gepackt. Auch zwölf Jahre nach der Ankunft sind die Zweifel über die Entscheidung winzig im Gegensatz zu den erfüllten Erwartungen.
Warum ich dennoch denke, dass es mich zu den Wilden verschlagen hat? Nun, da gibt es diesen klitzekleinen Fehler in meiner Planung, diese minimale Unachtsamkeit: ich war nicht die einzige Deutsche, die diesen Schritt gewagt hat. Ganz abgesehen von den vielen Engländern, Holländern, Franzosen, Belgiern, Polen, Rumänen, Russen und all den anderen Nationalitäten, auf deren kulturelle Eigenheiten und Schrullen ich mich nicht vorbereitet hatte.
Tagtäglich lerne ich hier, was es heisst europäisch zu leben. Vor allem beginne ich langsam zu verstehen, dass wir Deutschen ziemlich seltsam sind. Dieses Verstehen ist manchmal lustig, bisweilen absurd, leider aber oft auch einfach nur peinlich.
Um all diese kleinen Momente, die ich -gewollt und ungewollt- mit den hier ansässigen Nationonalitäten teile, soll es hier gehen. Und manchmal auch darum, weshalb nicht nur wir Einwanderer uns aufführen wie die Wilden. Denn von Zeit zu Zeit scheinen hier alle morgens aus ihren Neandertalerhöhlen zu kriechen.