Dienstag, 6. September 2011

An der Fleischtheke

Einer der Orte, an denen man regelmäßig auf Personen aller Nationalitäten trifft, ist logischerweise der Supermarkt.
Auch wir haben hier einen Supermarkt. Gut, nicht nur einen, aber einen besonderen, der sich durch eine äußerst europäische Produktpalette abhebt. Nicht verwunderlich ist es daher, dass ich bei meinem ersten Besuch an der Fleischtheke des Ladens eine Deutsche vor mir in der Schlange stehen hatte. Ich wusste zuerst natürlich nicht, dass es sich um eine Landsmännin handelte.  Aufgrund von Kleidung und Frisur hatte ich es allerdings geahnt. Auf die sprachliche Bestätigung meiner Annahme musste ich nicht lange warten. 
Hinter der Glasvitrine bediente eine etwa zwanzigjährige Spanierin mit großer Sorgfalt und noch größerer Geduld  die Kundschaft. Alles funktionierte reibungslos, bisweilen mit Händen und Füßen, aber immer mit freundlichem Einvernehmen. Bis die Frau vor mir an der Reihe war. Nicht nur ihre Kleidung - angefangen bei den praktischen Sandalen mit Klettverschluss, über die weiße Hose in dreiviertel Länge mit ausreichend Aufsatztaschen für einen Ausflug mit den Enkeln, bis hin zu der weiten Baumwollbluse mit fröhlichen Streublümchen - wirkte robust, das Auftreten der Dame könnte man wohlwollend auch als solches bezeichnen.
Ohne auf die Begrüßung der Verkäuferin zu reagieren, pfefferte sie dieser folgende Worte entgegen:
"Geben Sie mir dann mal drei dick geschnittene Schnitzel und ein Pfund Hack. Halb und halb."
In deutsch. Ohne Gesten. Ohne das Mädchen anzuschauen.
Wer schon einmal in Spanien war, wird wissen, dass dort zwar Englisch auf dem Lehrplan der Schulen steht, aber seltener Deutsch. Und selbst wenn sich die Fleischereiverkäuferin in ihrer Freizeit an das Studium der deutschen Sprache heran gewagt hätte: Ich persönlich kann mich nicht erinnern, im Unterricht der viereinhalb Fremdsprachen, die ich zu lernen bereit gewesen war, auch nur ansatzweise die jeweiligen Ausdrücke für Schnitzel oder Hackfleisch halb und halb gelernt zu haben.
Ich möchte mit Fug und Recht behaupten, dass diese junge Frau an diesem Tag alle Ambitionen hinsichtlich des Erwerbs der deutschen Sprache mit dem Ausbeinmesser gen Mülleimer befördert hat.



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